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Abstract:
In der Entwicklung der Frühverrentungspolitik vom Ende der 1950er Jahre bis 2003 zeigt sich, wie Institutionen inhärente Verhaltensspielräume sowohl Kontinuität als auch Wandel dieser Institutionen bewirken können. Ursprünglich zur Humanisierung des Arbeitslebens und zur Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten eingeführte Regelungen im Rentenrecht wurden von Unternehmen und Betriebsräten seit Mitte der 1970er Jahre intensiv für die Frühverrentung von Arbeitnehmern genutzt. Die Frühverrentung wurde auch während der deutschen Wiedervereinigung zum bevorzugten Instrument, Strukturkrisen sozialverträglich zu begegnen. Die massive Ausdehnung der Frühverrentungspolitik hat jedoch Mitte der 1990er Jahre aufgrund des damit verbundenen Anstiegs des Sozialbeitrages zu Konflikten in den Parteien und Verbänden geführt. Die durch die Altersteilzeitreformen bewirkte teilweise Verlagerung der Finanzierung und Regulierung von Frühverrentung in den Tarifvertrag - im Aufsatz als "institutional resettlement" bezeichnet - ist ein Mechanismus institutionellen Wandels, der durch die "Überlastung" des alten Regimes bewirkt wurde. Durch dieses "institutional resettlement" können Sozialkürzungen "verdeckt" werden; gleichwohl wird die Frühverrentungspolitik dadurch liberalisiert und restrukturiert.