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Abstract:
Ein sich bewegendes Objekt in der Außenwelt unterliegt durch neuronale Laufzeiten von der Retina bis zur bewussten Wahrnehmung ebenso einer Latenzzeit wie ein geblitztes.
Wenn man jedoch an räumlich korrespondierender Stelle zu einem bewegten Stimulus
einen zweiten blitzt, dann wird der geblitzte als zurückliegend wahrgenommen; ein
Effekt, der als “flash-lag effect” (FLE) bekannt wurde (Nijhawan 1994). Eines der Erklärungsmodelle
beruht auf unterschiedlichen visuellen Wahrnehmungslatenzen. Wir verwendeten
die transkranielle Magnetstimulation (TMS) über dem okzipitalen Kortex, um
Laufzeitunterschiede bewegter und geblitzter Stimuli nachzuweisen.
Drei Versuchspersonen gaben in einem ersten psychophysischen Experiment durch
Tastendruck (2AFC) an, ob sie eine sich horizontal bewegende Linie links oder rechts
von einer geblitzten gesehen hatten. Im zweiten Experiment wurde untersucht, zu welchem
Zeitpunkt TMS die visuelle Verarbeitung der geblitzten Linie stört (temporaler
2AFC, t2AFC). Im dritten Experiment wurde die Wahrnehmung der bewegten Linie mit
TMS maskiert (t2AFC). Dazu wurde diese kurz ausgeblendet, wodurch in der Trajektorie
eine Lücke entstand, die das zu störende Ereignis darstellte.
Im ersten Experiment fanden wir einen FLE von über 70ms (73,6ms - 83,6ms). Die
Wahrnehmung der geblitzten Linie wurde durch TMS mit einer SOA zwischen 75 und
125ms gestört. Mit bewegten Stimuli ergab sich ein Maximum der Maskierung durch
TMS ebenfalls zwischen 75 und 125ms SOA.
In den bisher durchgeführten Messungen lässt sich mit TMS über dem visuellen Kortex
kein Laufzeitunterschied für geblitzte und bewegte Objekte nachweisen. Dies deutet entweder
darauf hin, dass eine Latenzdifferenz erst auf einer höheren Verarbeitungsebene
entsteht, oder dass dem “flash-lag effect” ein anderer Mechanismus zugrunde liegt.