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Abstract:
Vor dem Hintergrund des europäischen Einigungsprozesses wird die von Sellin und Wolfgang entwickelte Frage nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Schwereeinschätzung von Delikten erneut aufgegriffen. Der Beitrag beschreibt Fragebogeneinschätzungen 10 ausgewählter Gewalt- und Sexualdelikte durch insgesamt 2 992 Studierende der Rechtswissenschaft an 9 europäischen und einer südamerikanischen Universität. Untersucht werden länder- und geschlechtsspezifische Auffassungen, wobei schwerpunktmäßig die auffindbaren Einschätzungsmuster verglichen werden. Im Hinblick auf die inzwischen geäußerten Zweifel an dem von Sellin und Wolfgang betonten intra- und interkulturell übergreifenden Konsens kann gezeigt werden, dass das Auffinden von Übereinstimmungen stark von der jeweils verwendeten Auswertungsmethode abhängt. Darüber hinaus streuen die Einschätzungen stärker, wenn der Unrechtsgehalt der Delikte abnimmt, also vergleichsweise leichtere Delikte in die Betrachtung einbezogen werden. Schließlich zeigt sich bei den befragten Frauen eine durchgängige, Länder übergreifende Tendenz, die Delikte als schwerwiegender einzuschätzen. Zur Erklärung dieser Unterschiede wird insbesondere die Theorie unterschiedlich erlebter Verletzlichkeit (Vulnerabilitätstheorie) herangezogen.