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Abstract:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im März 2001 die Verurteilungen von "Mauerschützen" und Politikern der DDR wegen der Tötung von Flüchtlingen gebilligt. Damit wurde ein Schlußpunkt in der Debatte über die Zulässigkeit einer Bestrafung gesetzt. Der Band analysiert die Entscheidungen und bewertet sie vor dem Hintergrund der Argumentationsmuster deutscher Gerichte und der in der Literatur vertretenen Ansichten. Diese vergleichende Untersuchung offenbart erhebliche Defizite des rechtstheoretischen Ansatzes des Gerichtshofs. Der Autor, als Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht seit langem mit Fragen der Reaktion auf Systemunrecht befaßt, erläutert zudem anhand der Feststellungen des Gerichtshofs den Schutzgehalt des Art.7 EMRK. So sind die Urteile auch deshalb als Grundsatzentscheidungen einzustufen, weil mit ihnen der Schuldgrundsatz in Art.7 EMRK verankert und dessen Gehalt damit über das Gesetzlichkeitsprinzip hinaus erweitert wurde. Ferner wird die Bedeutung der "Nürnberg-Klausel" des Art.7 Abs.2 EMRK erörtert und der Frage nachgegangen, ob die Taten als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu bewerten sind.