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Zusammenfassung:
Hintergrund: Depressionen sind hoch prävalent und phänotypisch heterogen. Zur Optimierung der Versorgung ist ein besseres Verständnis der Erkrankung notwendig, da die heute verfügbaren diagnostischen Werkzeuge wichtige Symptome vernachlässigen und nicht ausreichen, um die phänotypische Vielfalt der Patienten zu erfassen. In unserer prospektiven klinischen Studie beschäftigten wir uns mit dem Konzept der männlichen Depression. Dies ist eine klinische Subgruppe von Depression, die mit erhöhter Aggressivität, Impulsivität, Substanzmissbrauch und externalisierendem Verhalten vergesellschaftet ist. Akuten psychiatrischen Erkrankungen geht oft eine chronische Verhaltensänderung voraus, die die Prognose beeinflusst. Wir haben untersucht, welche klinisch relevanten Persönlichkeitsmerkmale mit ICD-10 Depression und männlicher Depression assoziiert sind. Methodik: Die Rekrutierungsphase unserer Studie läuft von April 2017 bis Ende Dezember 2019. Bis dato wurden 165 moderat bis schwer depressive Patienten (nach ICD-10) sowie 169 gesunde Kontrollprobanden in unsere Studie eingeschlossen. Depressivität der Probanden wurde mit dem Beck's Depressionsinventar (BDI-II) gemessen und die Merkmale der männlichen Depression wurden mit der Gotland Male Depression Scale (GMDS) erfasst. Die klinisch relevanten Persönlichkeitsmerkmale wurden mit dem Inventar klinischer Persönlichkeitsakzentuierungen (IKP) gemessen. Vorläufige Ergebnisse: Wie erwartet haben die Patienten häufiger den Arzt aufgesucht als gesunde Kontrollprobanden. Männlich-depressive Männer wiesen signifikant höhere Depressivität im BDI-II auf als nicht-männlich-depressive männliche Patienten und gesunde Probanden. Bei Frauen war dieser Effekt nicht signifikant. Es gab aber keine signifikanten Gruppenunterschiede im Alter, Anzahl der Kinder, Anzahl der monatlichen Arbeitsstunden und monatlichen Einkommen zwischen den drei Gruppen. Es gab keine signifikanten Gruppenunterschiede in den narzisstischen Persönlichkeitsmerkmalen. Die antisoziale und histrionische Persönlichkeits-akzentuierungen wiesen unter den männlichen Probanden nur marginal signifikante Unterschiede auf. Außerdem gab es Gruppenunterschiede zwischen allen anderen Persönlichkeitsakzentuierungen sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Unter männlichen Probanden zeigten männlich-depressive Patienten signifikant höhere paranoide Persönlichkeitsmerkmale als nicht-männlich-depressive Patienten. Unter Frauen war dieser Unterschied nicht signifikant, dafür waren männlich-depressive Frauen vermeidend-ängstlicher und histrionischer als die nicht-männlich-depressiven Frauen. Signifikante Unterschiede in diesen Persönlichkeitsakzentuierungen wurden wiederum bei den männlichen Patienten nicht festgestellt. Diskussion und Schlussfolgerungen: Wie erwartet waren die meisten klinisch relevanten Persönlichkeitsakzentuierungen in der Gruppe der Patienten prävalenter als in der Gruppe der gesunden Kontrollprobanden. Es gab keine signifikanten Gruppenunterschiede in den narzisstischen Persönlichkeitsmerkmalen. Im Bezug auf die Konstellation der Persönlichkeitsakzentuierungen gab es Geschlechtsunterschiede. Männlich-depressive Männer wiesen mehr paranoide Persönlichkeits-merkmale auf als nicht-männlich-depressive und gesunde männliche Probanden. Männlich-depressive Frauen zeigten wiederum mehr vermeidend-ängstliche und histrionische Persönlichkeitsmerkmale. Obwohl männliche Depression keineswegs ein auf das männliche Geschlecht beschränktes Phänomen ist, scheint es dennoch relevante Geschlechtsunterschiede geben, zumindest im Bezug auf die assoziierten Persönlichkeitsmerkmale.