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Sprachbedrohung [Encyclopedia entry]

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Zitation

Drude, S. (2005). Sprachbedrohung [Encyclopedia entry]. In Brockhaus Enzyklopädie. 21. Auflage. Leipzig: Brockhaus.


Zitierlink: https://hdl.handle.net/11858/00-001M-0000-000F-8AD3-9
Zusammenfassung
Sprachbedrohung, Umstände, die dazu führen können, dass Sprachen in absehbarer Zeit nicht mehr gesprochen werden. Eine Sprache kann verschwinden (»Sprachtod«), weil die Sprachgemeinschaft versprengt oder ausgelöscht wird (z. B. durch Kriege, Krankheiten oder Versklavung), meist aber, weil sie zu einer anderen, dominanten Sprache wechselt. Einige Staaten betreiben bewusst eine Politik, die zu S. führt, etwa weil man fürchtet, dass sprachl. Vielfalt die nationale Einheit bedroht. Häufiger ist jedoch, dass eine Minderheit ihre Sprache mit Rückständigkeit verbindet oder versucht, sich an die überlegene Bev.-Gruppe anzupassen. Die dominante Sprache besetzt dann zunehmend mehr Kommunikationsbereiche. Ein entscheidender Schritt im Prozess des »Sprachsterbens« ist die »Sprachaufgabe«, also die meist bewusste Entscheidung, eine Sprache nicht mehr aktiv an die nächste Generation zu vermitteln, oft, um deren Aufstiegschancen zu erhöhen. Gibt es keine nachwachsenden Sprecher mehr, ist eine Sprache »moribund« und verschwindet meist mit dem Tod der letzten Sprecher, die zuvor die Sprache oft seit Jahrzehnten nicht mehr im Alltag verwendet haben. Je weniger eine Sprache verwendet wird, desto weniger erhält sich auch die individuelle Sprachstruktur, die wichtige Aufschlüsse über die Vorgeschichte und über die menschl. Sprachfähigkeit überhaupt geben kann. Meist vergehen mit einer Sprache unwiederbringlich über Jahrtausende gesammelte kulturelle und ökolog.Kenntnisse und eine ganze Weltsicht. S. gab es wohl schon immer, jedoch hat sich das Sprachensterben in den letzten Jahrhunderten beschleunigt. Man schätzt, dass wenigstens die Hälfte der um 1500 gesprochenen Sprachen nicht mehr existiert. Seit Anfang der 90-Jahre des 21. Jh. ist man sich des Ausmaßes der S. bewusst geworden. Weltweit sind über 90 % der gegenwärtig rd. 6 000 Sprachen S. ausgesetzt. Mindestens 20 % sind bereits moribund, Ende des 21. Jh. werden es vermutlich weitere 40 % sein. Betroffen sind v. a. kleine, indigene Gesellschaften, deren Gebiete erschlossen werden und die ihre traditionelle Lebensweise aufgeben müssen. Die Sprecherzahl ist kein verlässliches Kriterum bei der Bestimmung des Grades der S.: mitunter halten auch große Sprachgemeinschaften dem Druck zur Sprachaufgabe nicht stand, wohingegen auch sehr kleine erfolgreich an ihrer Sprache festhalten können. Schlüssel zum Spracherhalt sind nachhaltige Mehrsprachigkeit sowie Stolz auf die eigene Sprache und kulturelle Identität. Moribunde und stark bedrohte Sprachen und Dialekte zu dokumentieren sowie zu Spracherhalts- oder wiederbelebungsmaßnahmen beizutragen, wird von vielen Linguisten als eine der vordringlichsten Aufgaben des 21. Jh. betrachtet. D. CRYSTAL: Language death (Cambridge 2000); D. NETTLE u. S. ROMAINE: Vanishing voices. The extinction of the world‘s languages (Oxford 2000); A. DALBY: Language in danger: the loss of linguistic diversity and the threat to our future (New York 2003).