Abstract
Der initiale Schritt des Raf-Aktivierungsprozesses innerhalb der MAPK-Signalkaskade stellt die Membranrekrutierung der cytoplasmatischen Raf-Kinase durch die aktivierte, über C-terminale Lipidmodifikationen in der Plasmamembran inserierte GTPase Ras dar. In dem ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwiefern den posttranslationalen Lipidmodifikationen des Ras-Proteins eine über die reine Funktion für die Membrantranslokation der Raf-Kinase hinausgehende Bedeutung in dem Raf-Aktivierungsprozeß zukommt. Es konnte demonstriert werden, daß die Raf-Kinase durch das artifizielle, chimäre, über eine N-terminale Transmembran-Domäne in der Plasmamembran inserierte QI-RasG12V.3S- Konstrukt aktiviert werden kann. Auch die aktivierenden und inhibierenden Effekte der diversen von Daub et al. identifizierten Raf C1-Mutanten sind bei Stimulation durch QI-RasG12V.3S beobachtbar und damit, wie bereits die Aktivierung von Raf(Wt), unabhängig von jedweden Ras-Lipidmodifikationen. Des weiteren konnte auch Raf(DC1), ein Raf-Konstrukt mit kompletter Deletion der C1-Domäne, durch QI-RasG12V.3S erfolgreich aktiviert werden. Dies zeigt, daß eine Interaktion der Lipidmodifikationen mit der Raf C1-Domäne für die Raf-Aktivierung nicht essentiell ist. Darüber hinaus kann für mehrere, C-terminal unterschiedlich stark verkürzte QI-RasG12V- Konstrukte keine Diskriminierung hinsichtlich der Aktivierung von Raf(Wt) und Raf(DC1) konstatiert werden, wodurch eine hypothetische Wechselwirkung der C-terminalen HVR (hypervariable Region) des Ras-Proteins mit der c-Raf C1-Domäne und damit Funktion für die Raf-Aktivierung ausgeschlossen werden kann. Raf-Konstrukte mit Substitutionen der potentiell für die Membraninteraktion relevanten Aminosäuren Lys144, Leu160 und Arg164 gegen Alanin bewirken bei Aktivierung durch QI-RasG12V.3S eine im Vergleich zu den übrigen inhibierenden Raf C1-Mutanten überproportional starke Inhibition, welche bei Stimulation durch das zusätzlich C-terminal modifizierte und somit doppelt in der Plasmamembran inserierte QI-RasG12V.3C- Konstrukt selektiv rekonstituiert wird. Diese Resultate sowie die, verglichen mit QI-RasG12V.3S, stärkere Aktivierung sowohl von Raf(Wt) als auch Raf(DC1) durch QI-RasG12V.3C zeigen, daß die zusätzliche C-terminale Membraninsertion durch die Ras-Lipidmodifikationen zu einer optimaleren Orientierung bzw. Distanz des Ras-Proteins respektive des Ras/Raf-Komlexes kommt, wodurch der Raf-Aktivierungsprozeß positiv beeinflußt wird. Eine über die Membranrekrutierung hinausgehende Funktion der Ras-Lipidmodifikationen für die Raf-Aktivierung kann somit nicht festgestellt werden. Die N- und C-terminal der für die Effektor-Bindung essentiellen Kerneffektor-Region lokalisierte Aktivierungs-Region des Ras-Proteins ist für die Vermittlung der Effektorspezifität und die Modulation der Affinitäten zu verschiedenen Effektoren von Bedeutung, wobei nach allgemeiner Auffassung eine Interaktion zwischen bestimmten Aminosäuren der Aktivierungs-Region und der c-Raf C1-Domäne angenommen wird. Zwecks Identifizierung solcher Aminosäuren wurde in dem zweiten Teil der vorliegenden Arbeit eine ausgedehnte Mutagenese oberflächenexponierter Aminosäurereste der Ras-Aktivierungs-Region durchgeführt und die resultierenden Ras-Konstrukte in Reportergen- Assays und Two-Hybrid-Assays auf ihre Fähigkeit zur Aktivierung von und Bindung an Raf(Wt) respektive Raf(DC1) hin analysiert. Potentielle, mit der c-Raf C1-Domäne interagierende Aminosäuren führen im Fall einer Substitution durch sterisch anspruchsvolle oder geladene Aminosäuren wie Arginin oder Tryptophan in bezug auf Raf(Wt) sowohl zu einer signifikanten Reduzierung der Aktivierung als auch der Bindung. Hinsichtlich der Aktivierung bzw. Bindung von Raf(DC1) zeigen dieselben Ras-Mutanten dagegen aufgrund der durch die Deletion der C1-Domäne ausbleibenden sterischen Hinderung keine oder nur marginale inhibierende Effekte. Durch diese Diskriminierung zwischen Raf(Wt) und Raf(DC1) konnten die Aminosäuren Gln43, Val45 und Thr50 der Ras-Aktivierungs-Region als für die Wechselwirkung mit der c-Raf C1-Domäne relevante Aminosäuren identifiziert werden, wobei für den durch die V45E-Mutation vermittelten inhibierenden Effekt eine Unabhängigkeit von den Ras-Lipidmodifikationen demonstriert werden konnte. Gln43, Val45 und Thr50 zeigen in der Ras-Struktur eine ähnliche räumliche Ausrichtung und definieren ein zusammenhängendes, oberflächenexponiertes Ras-Epitop, für das aufgrund der aus weitergehenden, vergleichenden Experimenten unter Einbeziehung weiterer Ras- und Raf-Mutanten erhaltenen Resultate eine Interaktion mit dem putativen Ras-Bindungsepitop S177/T182/M183 der c-Raf C1-Domäne postuliert wird.