Abstract
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Entwicklung neuer, fester Katalysatoren zur Umwandlung von Biomasse als Ausgangstoff für die Produktion von Basischemikalien. Diese enthalten weder Brønstedt- noch Lewis-saure Zentren, folglich auch keine Metalle, um entsprechende Kontaminationen der Produkte und Abfälle zu vermeiden. Dies wurde durch die Synthese funktionalisierter, vernetzter organisch-polymerer Materialien realisiert. Konkret handelt es sich dabei um Polymer-immobilisierte TEMPO-Radikale zur Umwandlung von D-Glucose zu D-Glucarsäure in einer Anelli-Oxidation sowie die Verwendung Polymer-immobilisierter, aprotischer ionischer Flüssigkeiten zur Dehydratisierung von D-Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural.
Die Immobilisierung der TEMPO-Radikale für die Anelli-Oxidation von D-Glucose wurde durch die Gruppenübertragungspolymerisation von TEMPO-Methacrylat realisiert, wobei bestimmende Eigenschaften für das Quellen in wässrigen Systemen wie der Vernetzeranteil und die Art der Comonomere variiert wurden. Zum besseren Verständnis der Vorgänge der Anelli-Oxidation an diesen vernetzten Polymeren wurden zunächst die einfachen Modellalkohole Methanol, 1-Propanol und Benzylalkohol zu den korrespondierenden Carbonsäuren oxidiert. Unterschiedliche Phänomene führten jedoch dazu, dass diese Modellalkohole zur Untersuchung der Oxidation zur korrespondierenden Carbonsäure als ungeeignet erschienen. Dazu gehören eine ausgeprägte Überoxidation zu Kohlenstoffdioxid sowie eine signifikante Blindreaktion in Abwesenheit von TEMPO-Radikalen, die im Fall von Benzylalkohol sogar höhere Ausbeuten der Benzoesäure lieferte. Erste Untersuchungen an D-Glucose zeigen ähnliche Phänomene, wobei als Hauptprodukt das Zwischenprodukt zur D-Glucarsäure, die D-Gluconsäure, identifiziert werden konnte. Als zusätzliche Nebenprodukte konnten bei der TEMPO-vermittelten Oxidation von D-Glucose Oxalsäure und Tartronsäure infolge von C-C-Spaltungen nachgewiesen werden. Eine Optimierung des Versuchsaufbaus und der Reaktionsbedingungen könnte zu einer Steigerung der D-Glucarsäure-Ausbeute führen, die bisher nur in Spuren als Nebenprodukt nachgewiesen werden konnte.
Für die Dehydratisierung von D-Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural wurden die aprotischen Spezies ionischer Flüssigkeiten sowohl in nichtporösen, quellbaren als auch nanostrukturierten, mesoporösen Polymeren mittels freier, radikalischer Polymerisation immobilisiert. Unterschiedliche kationische Polymergrundgerüste auf der Basis von Ammonium-, Imidazolium und Pyridinium-Ionen wurden dazu entwickelt und in dem ebenfalls aus nachwachsenden Rohstoffen erhältlichen Lösungsmittel Ethanol eingesetzt. Die Art des Kations selbst sowie das Anion und die Alkylkettenlänge des Modifizierungsreagenzes, das zur Erzeugung der ionischen Spezies verwendet wurde, wurden auf ihren Einfluss auf die katalytische Aktivität untersucht. Hierbei zeigte sich, dass die katalytische Aktivität mit zunehmender Nukleophilie des Anions zunimmt, was in der Literatur für ionische Flüssigkeiten bereits diskutiert wurde. Darüber hinaus konnte ebenfalls gezeigt werden, dass die Stabilisierung der positiven Ladung am Kation ebenfalls zu einer Erhöhung der Aktivität führt, da dadurch ebenfalls die Nukleophilie des Anions infolge einer schwächeren Ionenbindung ansteigt. Somit steigt die Aktivität mit der Länge der Alkylkette und in der Reihe der Kationen Ammonium, Imidazolium und Pyridinium an. Eine erhöhte Aktivität führt jedoch zu einer erhöhten Bildung von Folgeprodukten. Diese sind der Ethylether und das Ethylacetal des 5-Hydroxymethylfurfurals. Die höchste Ausbeute von 77 % konnte unter Verwendung des mesoporösen, 1-Bromheptan-modifizierten Pyridinium-Polymers nach 30 Minuten bei quantitativem Umsatz erzielt werden. Da die Bildung oft auftretender Humine nicht beobachtet wurde, kann somit von einer nahezu vollständigen Ausbeute chemisch nutzbarer Furanverbindungen ausgegangen werden.
Darüber hinaus konnten weitere ionische Polymere synthetisiert werden, die über eine polymere Menshutkin-Reaktion aufgebaut wurden. Diese zeigten durch hohe lokale Ionenkonzentrationen im Polymer ebenfalls gute Ergebnisse in der katalytischen Dehydratisierung von D-Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural mit Ausbeuten bis 75 %.
Neben den rein organischen, polymeren Katalysatoren wurden auch anorganische Materialien auf ihre katalytische Aktivität untersucht. Dabei handelt es sich um Silberhalogenide, mit denen ebenfalls gute Ergebnisse mit Ausbeuten bis zu 70 % auch über mehrere Anwendungen erzielt werden konnten. Die Katalysatoren konnten sogar durch Calcinieren regeneriert werden. Hierbei handelt es sich um erste Untersuchungen eines neuartigen Katalysatorsystems für diese Reaktion. Obwohl die Hintergründe der Aktivität dieser Materialien noch aufgeklärt werden müssen, zeigen die Silberhalogenide, insbesondere Silberchlorid, großes Potential als Katalysator für die Dehydratisierung von D-Fructose zu 5-Hydroxymethylfurfural.