Abstract
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wird das am lVlax-Planck-Institut für
Meteorologie in Hamburg entwickelte drei-dimensionaie atmosphärische Trans-
portmodell TM2, gekoppelt mit einem am lVIax-Planck-Institut für Chemie in
Mainz entwickelten troposphärischen Chemie-Modul, verwendet, um die Ver-
teilungen der Mischungsverhältnisse der Spurengase Methan, Kohlenmonoxid,
Ozon und der Stickoxide sowie die Konzentration der Ofl-Radikale in der Tro-
posphäre der B0er Jahre dieses Jahrhunderts zu berechnen.
Zur Validierung der OH-Konzentrationen wurden die atmosphärischen Mi-
schungsverhältnisse des Spurengases Methyichloroform modelliert. Dabei er-
wies sich, daß eine globale Reduzierung der berechneten OH-Kortzentrationen
um 73To zu einer optimalen Reproduktion des Anstiegs des 1\{ethylchloroform-
Mischungsverhältnisses in den 80er Jahren führt. Die mit dem TIVI2ITCI-
Modell berechneten Konzentrationen der Ofl-Radikale liegen im allgemeinen
etwas höher als die von Spivakovsky et aI.l799}l berechneten Werte. Da die von
Spivakovsky et al. [1990] verwendete Reaktionsrate für die Reaktion von Me-
thylchloroform mit Ofl-Radikalen nach neueren Messungen um ca. ISTo nach
unten korrigiert werden mußte, wäre eine entsprechende Erhöhung der O,F/-
Konzentrationen von Spivakovsky et aI. 17990] notwendig, damit sich dieselbe
Lebensdauer von lVlethylchloroform ergibt. Insofern stimmen die Ergebnisse der
vorliegenden Arbeit mit denen von Spivakovsky et aI. 179901 sehr gut überein.
Auch die räumliche und zeitliche Variation der OH-Konzentrationen in bei-
den Modellen ist åhnlich. Die berechnete Lebensdauer von Methylchloroform
beträgt 6,3 Jahre, und als partielle Lebensdauer von Methan gegenüber der
Abbaureaktion mit OH ergeben sich 12,04 Jahre.
Der zweite Teil der vorliegenden Arbeit beschreibt eine Studie zur inversen
Modellierung des atmosphärischen Methankreislaufs. Dabei handelt es sich um
eine andauernde Studie, deren erste, vorläufige Ergebnisse vor kurzem von Hein
und Heimann [1994] veröffentlicht wurden. Die vorliegende Arbeit gibt eine
umfassende Darstellung der verwendeten Methode der inversen Modellierung,
welche ursprünglich von Tarantola und Valette [1982a und 1982b] und Ta-
rantola [1937] entwickelt wurde, und zwar hauptsächlich, um Epizentren von
Erdbeben zu lokalisieren. fn der Atmosphärenforschung wurde sie erstmals von
Enting [1993] und Enting et al. [1993] in einer Studie zur Modellierung des
Kohlenstoffkreislaufs angewendet.
In der vorliegenden Studie wird gezeigt, daß es möglich ist, mittels inverser
Modellierung ein Szenario großskaliger Methanemissionen zu konstruieren, mit
dem die atmosphärischen Meßdaten gut reprodtziert werden können. Die Ge-
samthöhe aller Methanquellen kann aus den besser bekannten Senken berechnet
werden. Mit den hier berechneten OH-Konzentrationen ergibt sich, daß 390TgMethan jährlich durch Reaktion mit OfI-Radikalen oxidiert werden. Zusammen
mit den anderen Senken (Abbau in der Stratosphäre und Aufnahme am Bo-
den) sowie unter Berücksichtigung des Anstiegs der atmosphärischen C H4-Mi-
schungsverhältnisse ergeben sich daraus not'ü/endige Gesamtemissionen in Höhe
von knapp 470 Tg Methan pro Jahr. Dieser Wert hat etwa eine Unsicherheit von
t20%. Weitaus unsicherer sind jedoch die Beiträge einzelner Methanquellen,
etwa der Reisfelder, der Biomassenverbrennllng oder der natürlichen Feuchtge-
biete. Mittels inverser Modellierung kann nun versucht werden, Informationen
über diese Methanquellen zu gewinnen. Prinzipiell ist dies möglich, weil sich
die Verteilung der Methanquellen in einer räumlichen und zeitlichen Variation
des atmosphärischen C H+-Mischungsverhältnisses wiederspiegelt. Auch aus den
Isotopenverhältnissen atmosphärischen Methans lassen sich im Prinzip atsätz-
liche Informationen über die iVlethanquellen gewinnen, da diese sich in ihrer
isotopischen Zusammensetzung unterscheiden.
Leider ist das inverse Problem der Bestimmung der Methanquellen
aus den Beobachtungsdaten der atmosphärischen C H+-Mischungsverhältnisse
schlecht konditioniert, das heißt kleine Unsicherheiten in den atmosphärischen
Meßdaten lassen eine wesentlich größere Schwankungsbreite der Emissionen zu.
Obwohl an fast dreißig mehr oder weniger gut über die Erdoberfläche verteilten
Meßstationen schon seit etwa zehn Jahren kontinuierliche Messungen des at-
mosphärischen CHa-Mischungsverhältnisses mit hoher Präzision durchgeführt
werden, sind dadurch nicht alie Vlethanquellen eindeutig festgelegt. Vielmehr
wird in der vorliegenden Arbeit gezeigt, daß mittels inverser Modellierung nur
etwa fünf Methanquellen deutlich eingegrenzt werden können. Eine direkte und
eindeutige Bestimmung sämtlicher Vlethanquellen mittels inverser Modellie-
rung ist also nicht möglich. Dennoch ist eine Untersuchung des atmosphärischen
C Ha-Kreislaufs mittels inverser lVlodellierung sinnvoll, wenn o, priori Informa-
tion über die Höhe der verschiedenen Methanquellen einbezoger wird.
In die vorgestellte Methode der inversen \4odellierung können auch die Iso-
topenverhältnisse rsC H4fr2C Ha, laC Halt'C Hn und 12C H3D f L2C H4 einbe-
zogen werden. Bislang wurden allerdings nur die tsC
lt2C-Isotopenverhältnisse
atmosphärischen Methans modelliert. Dabei zeigt sich, daß aus diesen keine
signifikanten Einschränkungen des atmosphärischen Methanbudgets gewonnen
werden können. Hierfür sind vor allem die hohen Unsicherheiten der Isotopen-
verhältnisse der einzeinen Methanquellen verantwortlich.
Vorschläge und Ideen zur Fortsetzutg dieser Studie zur inversen Modellie-
rung des atmosphärischen C Ha-Kreislaufs und zur Verbesserung der damit
bislang erzielten Resultate werden an mehreren Stellen in der vorliegenden
Arbeit unterbreitet.