Abstract
Die terrestrische Biosphäre spielt nach unserem heutigen Verständnis geochemischer Zusammenhänge eine bedeutende Rolle innerhalb des globalen Kohlenstoffkreislaufes auf Zeitska-
len von einem Jahr bis einigen Jahrzehnten. Daher werden Modelle benötigt, die Vegeta-
tionsaktivität in globalem Maßstab simulieren und in der Lage sind, biogeochemische Flüsse
von CO2, Bodenkohlenstoff und verschiedenen Isotopen vorherzusagen.
Verschiedene Vergleichsstudien von Biosphärenmodellen, etwa auf Initiative des Internationalen Biosphäre-Geosphäre Programms (IGBP), haben jedoch große Unterschiede bei
den Ergebnissen dieser Simulationen zu Tage gefördert, etwa bei der Nettoprimärproduktion (NPP) oder beim Nettoaustausch von COz zwischen Vegetation und Atmosphäre. Der
Grund für solche Diskrepanzen liegt vermutlich in erheblichen konzeptionellen Schwierigkeiten und Differenzen darüber, wie Vegetationsaktivität in globalem Maßstab dargestellt und
aus Feldstudien gewonnene Parameter räumlich extrapoliert werden sollen. Daher werden
verläßliche Strategien ,u. Üb"tptüfung derartiger Modelle benötigt, um Vertrauen in ihre
Zuverlässigkeit zu gewinnen und um schließlich Vorhersagen zukünftiger Veränderungen zu
ermöglichen.
Langfristige, globale Messungen des Reflexionsgrades der Erdoberfläche, von einer Serie
polar-orbitaler Wettersatelliten der NOAA-Serie im sichtbaren und nah-infraroten Spektralbereich durchgeführt, stellen heute wohl den bestgeeigneten und umfassendsten Datensatz
dar, um globale Vegetationsmodelle zu testen und zu verbessern. Bisher wurden solche Daten meist in Vegetationsindizes umgerechnet (2.8. NDVI) und diese direkt in verschiedene
biophysikalische Größen übersetzt, etwa in LAI oder Biomasse. Die Genauigkeit des Verfahrens ist jedoch stark eingeschränkt, weil das Signal gleichzeitig von Beobachtungsrichtung,
Sonnenstand, Farbe des Bodenhintergrundes und Zustand der Atmosphäre abhängt.
Diese Schwierigkeiten, die bisher eine quantitative Nutzung der Satellitendaten verhindern, werden in der vorliegenden Arbeit durch eine neuartige Strategie zum großen Teil
vermieden. Anstatt solche Messungen direkt als Eingangsdaten zu verwenden, wird eine
Synthese von Vegetationsmodellierung und Fernerkundungstechnik versucht. Dabei ist entscheidend, daß das dazu entwickelte Vegetationsmodell auch ohne Satellitendaten betrieben
werden kann.
Die Strategie besteht nun darin, das Satellitensignal durch Kombination eines
Vegetations- und eines Strahlengangsmodells vorherzusagen und mit den Messungen zu
vergleichen. Dabei können sowohl Fehler bei der Meßtechnik als auch Unsicherheiten bei
der Vegetationsmodellierung berücksichtigt werdenDanach wird das Modell soweit einge-
schränkt, daß Messungen und Simulationen innerhalb der geschätzten Genauigkeit übereinstimmen. Erst dieses Verfahren ermöglicht quantifizierbare Hinweise darauf, welcher Nutzen
sich aus den Satellitendaten für die Diagnose des Vegetationsanteils des globalen Kohlenstoffkreislaufes ziehen lassen.
Das hier entwickelte Modell simuliert die Photosyntheserate der Landpflanzeî eingebettet in die volle Energie- und Wasserbilanz der atmosphärischen Grenzschicht, wobei der
Zusammenhang zwischen COz-Aufnahme und Transpirationsverlust über die Kontrolle der
Blattspaltöffnungen explizit dargestellt wird. Zusätzlich werden noch pflanzeneigene Respiration und Bodenrespiration berechnet. Die Ergebnisse mit zwei Photosyntheseschemata
und verschiedenen Klima- und Vegetationskarten werden verglichen und die Sensitivität
des Modells gegenüber Unsicherheiten bei verschiedenen Parametrisierungen berechnet. Die
mittlere globale NPP beträgt danach 76 GtC (Milliarden Tonnen Kohlenstoff) mit einem
Fehler von *50 GtC. Der eingangs genannte weite Streubereich bei der Berechnung die-
ser Größe erscheint so als Konsequenz einer Fehlerakkumulation bei der mechanistischen
Vegetationsmodellierun g.
Ein Vergleich der simulierten Satellitendaten mit den Messungen zeigt gute Übereinstim-
mungen in den meisten Vegetationszonen. Abweichungen gibt es für boreale Nadelwälder
(zu "grün" im Modell), für die Tundra (zu karg) und beim Kontrast zwischen Feucht-
und Trockenperiode in den Tropen (zu groß). Daneben werden ansatzweise auch Eingrif-
fe des Menschen sichtbar, wie Bewässerung, Bodenerosion und Waldzerstörung. Eine Ein-
schränkung der Modellberechnungen durch Anpassung an die Satellitendaten verringert den
globalen Fehler in der NPP auf t36 GtC und wirkt sich vor allem bei Nadelwäldern und in
tropischen Savannen aus. In dieser Version bestätigt das Modell außerdem die Auffassung
anderer Autoren, daß große Teile der tropischen Regenwälder auf bisher nicht berücksichtigte Bodenwasserreserven während der Trockenzeit angewiesen sind.
Die Ergebnisse werden anhand des Jahresganges der COz-Konzentration in der Atmosphäre überprüft. Dies geschieht über ein Modell des atmosphärischen CO2-Transports, das
mit recht genauen Winddaten aus Routine-Wettervorhersagen arbeitet. Es zeigt sich, daß
die mit Satellitendaten eingeschränkten Simulationen innerhalb ihres gesamten Unsicherheitsbereichs weitgehend mit den CO2-Messungen übereinstimmen - innerhalb der Fehler
dieses Tests. Dagegen ist ohne diese zusätzliche Bedingung die Übereinstimmung im Mittel
schlechter, und innerhalb des Unsicherheitsbereiches gibt es klare Abweichungen von den
Messungen.
Daraus wird geschlossen, daß Satellitendaten auf globalem Maßstab mindestens den
gleichen Wert bei der genaueren Bestimmung der globalen Vegetationsaktivität haben wie
COz-Messungen in der freien Atmosphäre. Gerade in den produktiven und durch mögliche
Klimaänderungen bedrohten ariden Gebieten liefern sie wertvolle Erkenntnisse; eine quantitative Interpretation der Daten ist, wegen der vielfältigen meteorologischen und meßtech-
nischen Einflüsse, jedoch nur durch Synthese von Beobachtungen und Modellsimulationen
möglich. Wahrscheinlich stellen die beiden genannten Datensätze die gegenwärtig wichtigste
Einschränkung für globale Vegetationsmodelle dar.
The terrestrial biosphere is believed to play a prominent role in the global carbon cycle
at time scales from one year to several decades. Consequently, models are required that
simulate vegetation activity on a global scale and are able to predict biogeochemical fluxes
of plant and soil carbon, COz and various isotopes.
However, recent biosphere model intercomparisons, some initiated by the International
Biosphere Geosphere Programme (IGBP), have shown large discrepancies in model results,
such as net primary production (NPP) or the net vegetation-atmosphere CO2 flux, Those
discrepancies probably arise from considerable conceptual uncertainties regarding how ve-
getation activity should be represented on large spatial scales. As a consequence, reliable
validation strategies are needed in order to increase confidence in global vegetation models
and eventually allow predictions into the future.
Long-term and global measurements of visible and near-infrared reflectances of the
earth's surface carried out on board a series of NOAA polar orbiting satellites constitute
a particularly well suited data set to check and improve global vegetation models. Such
data have often been converted to vegetation indices (e.g. NDVI) and then translated into
biophysical quantities, such as LAI or biomass. This approach, however, leads to serious
problems of accuracy, because viewing conditions, soil background colour and atmospheric
conditions have a large impact on the signal.
Such difficulties have so far seriously impeded quantitative exploitation of satellite data.
Therefore, a diferent strategy is adopted in the present work that is able to avoid such
problems to a large extent. Instead of using satellite measurements directly as input data,
the study aims at a synthesis of vegetation modelling and remote sensing technology. It is
decisive that the vegetation model developed in this context can be run on its own, without
reference to satellite data.
The strategy consists of predicting the satellite signal by a combination of vegetation
and radiative transfer models. It is thus possible to consider both errors in the process
of measurement and uncertainties of vegetation modelling. As a next step, the model is
constrained such that measurements and simulations agree within the estimated range of
uncertainties. Only with this approach, quantifiable indications of the usefulness of satellite
data for vegetation carbon-cycle modelling can be delivered.
The model developed within the context of this work simulates the photosynthetic rate
of land plants embedded within a full energy and water budget of the earth's surface.
The link between CO2 uptake and water loss by transpiration through stomatal control is
represented explicitly. Plant and soil respiration are also calculated. Various results with
two photosynthesis schemes and different vegetation maps are compared, and the sensitivity
of the model against uncertainties implied in several parametrisations is assessed. Mean
global NPP is thus calculated to be 76 GtC (billion tons of carbon) with an error estimate
of t50 GtC. It appears that the large scatter range between models mentioned above is a true result of cumulated uncertainties involved in a mechanistic description of vegetation
activity.
A comparison of simulated satellite data with measurements shows good agreement for
most vegetation zones. Deviations exist for boreal coniferous forests (too "green" in the
model), tundra (too barren) and for the contrast between wet and dry season in the tropics
(too large). Human impact can also be detected in some instances. A constraint of model
calculations to fit the satellite data reduces the global error estimate in NPP to Í36 GtC.
The impact is largest for neadle-leaved forests and tropical savannas. This version of the
vegetation model agrees with conclusions by other authors that large parts of the tropical
rainforests depend on large soil water storage during the dry season.
Results are checked against the seasonal cycle of atmospheric CO2 concentration through
an atmospheric tracer transport model. Transport is prescribed from routine weather fore-
casts of high accuracy. It appears that within the modelling uncertainties, the simulations
that have been constrained by satellite data all agree with CO2 measurements - within the
error implied by this test. By comparison, there is less agreement for the mean unconstrai-
ned simulation, and some simulations within the uncertainty range of the unconstrained
model versions clearly contradict the measurements.
The conclusion is, that on a global scale satellite data have at least the same value for
determining vegetation activity as have CO2 measurements in the free atmosphere. In highly
productive but water limited areas, most threatened by human impact or a possible climate
change, their usefulness is particularly large. Because a multitude of micrometeorological
and optical factors can influence the signal, a quantitative interpretation of those data is
made possible only by a synthesis of observations and vegetation model simulations. At
present, these two data sets probably constitute the main constraint we have on vegetation
models.