Abstract
Neuartige chirale Katalysatoren für enantioselektive Reaktionen, die über ein Übergangsmetall-Carben verlaufen, wurden entwickelt und zugrundeliegende mechanistische Fragestellungen sowohl experimentell als auch computerchemisch untersucht.
Im ersten Teil dieser Arbeit wurde eine Kupfer(I)-katalysierte Reaktion optimiert, bei der chirale α-Fluorester aus α-Diazoestern durch nukleophile Addition von Fluoriden erhalten wurden. Mit dem optimalen Bisoxazolin-basierten-Ligandensystem, das sterisch anspruchsvolle Benzyl-Substituenten an der Methylenbrücke und iso-Propyl-Gruppen am Indan-Gerüst hat, wurden ee’s von bis zu 95% erhalten. Es wurde des Weiteren herausgefunden, dass Caesiumfluorid in Hexafluorbenzol/Hexafluorisopropanol eine homogene Lösung bildet, in der die Reaktion sauber und mit hohen Enantioselektivitäten abläuft.
Wie mittels DFT-Berechnungen gezeigt werden konnte, greift das Fluorid nicht den Carben-Kohlenstoff direkt sondern das Kupfer-Zentrum des aus der Diazoverbindung und dem Kupfer(I)-Katalysator gebildeten Donor/Akzeptor-Carbens an. Für die Produktbildung findet anschließend eine 1,2-Fluorid-Wanderung statt, wofür aus Gründen der Orbitalüberlappung eine Rotation um die Cu-C-Achse notwendig ist. Die Richtung dieser Rotation innerhalb des C2-symmetrischen Katalysators ist der enantiodeterminierende Faktor. Dieses Modell ist im Einklang mit der Absolutkonfiguration des erhaltenen α-Fluoresters, welche mit Hilfe der Kapillarkristallisation bestimmt werden konnte.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wurden neue Bismut-Rhodium-Komplexe mit TIPS-substituierten Phenylglycin-Liganden synthetisiert und als Katalysatoren für enantioselektive Cyclopropanierung und Cyclopropenierung sowie für C−H und Si−H Insertion verwendet. Diese Reaktionen waren schneller als mit vormals publizierten Bismut-Rhodium-Katalysatoren und hohe Enantioselektivitäten wurden bei einem sehr breiten Substratumfang erhalten. Die London Dispersion als eine nicht kovalente, anziehende Kraft bestimmt die Strukturen dieser Katalysatoren maßgeblich, wie mit computerchemischen, kinetischen und kristallographischen Studien gezeigt werden konnte. Die damit erhaltene Stabilisierung der Ligandensphäre in der gewünschten Konformation führt zu einer sehr engen und wohldefinierten chiralen Tasche, was das exzellente Anwendungsprofil dieser Katalysatoren erklärt.
Im dritten Teil dieser Arbeit wurden Bismut-Rhodium-Komplexe mit chiralen Carboxamidatliganden synthetisiert. Während bei dem lange bekannten Dirhodium(II)-Carboxamidat-Komplex [Rh2(4S-MEPY)4] zwei der Liganden mit dem N-Donor und zwei der Liganden mit dem O-Donor an das jeweilige Rhodium-Zentrum koordinieren, binden bei [BiRh(4S-MEPY)4] aufgrund der höheren Oxophilie des Bismut-Zentrums alle Liganden mit dem O-Donor an dieses. Obwohl [Rh2(4S-MEPY)4] einer der erfolgreichsten Dirhodium(II)-Katalysatoren ist, konnte mit [BiRh(4S-MEPY)4] keine Reaktivität bei verschiedensten Reaktionen, die über ein Carben- oder ein Nitren-Intermediat verlaufen, erzielt werden. Mit Hilfe einer detaillierten computerchemischen Analyse konnte dies, neben der sehr engen chiralen Tasche, einer für die Diazozersetzung ungünstigen Lage der Grenzorbitale zugeschrieben werden.