Abstract
Die komplexe Lebensweise von Sorangium cellulosum So ce56 in Form eines vegetativen Lebenszyklus sowie der Fähigkeit zur multizellulären Differenzierung wirft unweigerlich die Frage auf, welche Signale für die Entscheidung zwischen vegetativem Wachstum und Differenzierung verantwortlich sind. Die vorliegende Arbeit sollte zur Charakterisierung der morphologischen Differenzierung in So ce56 und beteiligter Proteine beitragen. Für die Charakterisierung der morphologischen Differenzierung von So ce56 war zunächst die Etablierung eines geeigneten Nährstoffmangelmediums notwendig. Ferner wurden für die weitere Untersuchung der Differenzierung Mutanten konstruiert, die einen Defekt in der Differenzierung aufwiesen. Im Laufe der Arbeit verschob sich der Schwerpunkt auf die Beteiligung der Lon-Proteasen im Stickstoffmetabolismus von So ce56 und deren spezifischer Substrate.
Die Ergebnisse der Arbeit zeigten, dass die Differenzierung von So ce56 von einer drastischen Reduzierung der Nährstoffe sowie von einer bestimmten Zelldichte abhängig ist. Höhere Nährstoffkonzentrationen sowie eine geringere Zelldichte konnten die Differenzierung von So ce56 nicht initiieren. Zur weiteren Untersuchung der Differenzierung von So ce56 wurden differenzierungsdefekte Mutanten konstruiert. Analysen des Genoms von So ce56 ergaben Übereinstimmungen zu den aus Myxococcus xanthus bekannten und für die Differenzierung notwendigen Genen asgA und bsgA (= lonD). Es wurden ein asgA-homologes und fünf lon-homologe Gene identifiziert. Anhand von Expressionsstudien wurde für das asgA-Gen von So ce56 gezeigt, dass dessen Expression positiv unter Differenzierungsbedingungen reguliert wird. Weiterhin zeigte sich durch Expressionsstudien, dass die asgA-Expression abhängig von der stringenten Kontrolle ist. Für die Expression der Gene lon1-4 wurde unter Differenzierungsbedingungen eine negative Regulation der Expression ermittelt, wohingegen lon5 konstitutiv exprimiert wird. Morphologische Differenzierungsstudien der entsprechenden Mutanten ergaben, dass alle einen Defekt in der Differenzierung aufwiesen und die entsprechenden Genprodukte in der Differenzierung von So ce56 beteiligt sind. Untersuchungen dieser differenzierungsdefekten Mutanten hinsichtlich der Produktion der Sekundärmetabolite ergaben, dass Lon2 in der Chivosazol-Biosynthese und Lon4 in der Etnangien-Biosynthese involviert sind.
Im Verlauf der Untersuchungen wurden potenzielle Substrate der Lon-Proteasen Lon1 und Lon2 identifiziert, die allesamt im Stickstoffmetabolismus bekannter Bakterien, wie z. B. E. coli oder S. elongatus, involviert sind. Unter anderem konnte das PII-Protein (GlnB) als potenzielles spezifisches Substrat der Lon2-Protease ermittelt werden. Analysen der Aminosäuresequenz von GlnB aus So ce56 ergaben, dass sowohl der für die Uridylylierung in E. coli wichtige Aminosäurerest Tyr51 als auch der für die Phosphorylierung in Cyanobakterien wichtige Aminosäurerest Ser49 in So ce56 vorhanden sind. Genauere Untersuchungen der PII-Modifikationen in So ce56 ergaben eine Modifikation in Form einer Phosphorylierung des PII-Proteins, womit die Modifikation der in Cyanobakterien gleicht. Durch die Identifizierung stickstoffregulierter Proteine als mögliche Substrate der Lon-Proteasen konnten erste Hinweise auf eine Beteiligung der Lon-Proteasen am Stickstoffmetabolismus gefunden werden. Vergleichende Wachstumsstudien mit den zwei untersuchten lon-Mutanten Slon1 und Slon2 mit viel und wenig Stickstoff zeigten einen Wachstumsdefekt unter Stickstofflimitierung. Die gesammelten Ergebnisse lassen vermuten, dass die Lon-Proteasen entweder direkt über das mögliche Substrat oder aber indirekt in den Stickstoffmetabolismus von So ce56 involviert sind.