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Verfallende Infrastruktur bei Rekordeinnahmen: Eine Institutionssoziologie bundesdeutscher Haushaltspolitik

MPG-Autoren
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Wansleben,  Leon       
Soziologie öffentlicher Finanzen und Schulden, MPI for the Study of Societies, Max Planck Society;

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Zitation

Wansleben, L. (2024). Verfallende Infrastruktur bei Rekordeinnahmen: Eine Institutionssoziologie bundesdeutscher Haushaltspolitik. Berliner Journal für Soziologie, 34(1), 103-128. doi:10.1007/s11609-023-00513-0.


Zitierlink: https://hdl.handle.net/21.11116/0000-000E-3A9A-4
Zusammenfassung
In den 2010er-Jahren betrieb die deutsche Regierung eine strukturkonservative Haushaltspolitik, was eine schwache staatliche Investitionstätigkeit trotz günstiger fiskalischer Bedingungen zur Folge hatte. Wie lässt sich das erklären? Die Literatur zum deutschen Haushaltsregime hat jüngst vor allem die Tradition des Ordoliberalismus sowie das konservative deutsche Wohlfahrtsmodell angeführt, um dieses BRD-typische Muster der Ausgabenpolitik zu hintergründen. Der Beitrag bietet stattdessen eine institutionssoziologische Erklärung, die das für die Haushaltspolitik grundlegende Beziehungsmuster zwischen Parlament, Regierung und Verwaltung fokussiert. Qua Ressortprinzip sind die relativ eigenständigen Minister mitsamt ihren Spitzenbeamten die zentralen Protagonisten der bundesdeutschen Haushaltsverhandlungen, in denen sich Partei- und Ressortpolitik überlagern. Der Finanzminister verfügt in der tradierten Rollenstruktur der deutschen Kabinettsordnung über eine besondere Machtstellung, was ihm die Profilierung als „Sparsamkeitsminister“ nahelegt. Umgekehrt verfügen die Repräsentanten der Koalitionsparteien und des Bundestages wie auch die Verwaltungsspitzen der anderen Ministerien über ein je spezifisches Profil an Machtmitteln. Diese Konstellationen bringen inkrementalistische Interaktionen in der Exekutive hervor, die je nach Umständen in der Erstreitung marginaler Ausgabenspielräume oder der Kürzung freiwilliger Ausgaben resultieren. Diese Verhandlungslogiken laufen einer umfassenderen Investitionsplanung zuwider. Die Rolle des Bundestags beschränkt sich trotz seiner formalen haushaltspolitischen Souveränität darauf, die Unterstützung oder Missbilligung von Ministern zu kommunizieren. Im Ergebnis zeigt sich, dass das institutionelle Macht- und Rollenprofil der Ministerien, das in den Haushaltsverhandlungen zur Geltung kommt und in dem das BMF traditionell als mächtiger Vetospieler agiert, die Kontinuität des haushaltspolitischen Strukturkonservatismus über Machtwechsel hinweg garantiert.
In the 2010s, German government pursued a structurally conservative budgetary policy, resulting in weak public investments despite favorable fiscal conditions. How can this be explained? Recent literature on the German budgetary regime has primarily cited the tradition of ordoliberalism and the conservative German welfare model to explain this typical pattern of expenditure policy in the Federal Republic of Germany. Instead, this contribution offers an institutional-sociological explanation that focuses on the fundamental relationship patterns between government, parliament, and the state-bureaucracy underlying fiscal policy. According to the principle of ministerial autonomy (Ressortprinzip), the relatively independent ministers, along with their top civil servants, are the key protagonists in German federal budget negotiations, where party politics and departmental politics overlap. Within the traditional role structure of the German cabinet system, the finance minister holds a particular position of power, suggesting his self-presentation as a “minister of thrift.” Conversely, representatives of coalition parties and the Bundestag, as well as the administrative heads of other ministries, possess specific profiles of power resources. These constellations generate incrementalist interactions within the executive, resulting, depending on the circumstances, in the expansion of marginal expenditure scope or in the reduction of voluntary spending. These negotiations run counter to encompassing investment planning. Despite its formal budgetary sovereignty, the role of the Bundestag is restricted to communicating support or disapproval of single ministers. As a result, the institutional power and role profile of the ministries, manifested in budget negotiations where the Federal Ministry of Finance traditionally acts as a powerful veto player, ensure the continuity of structurally conservative fiscal policy across changes in power.