Die Fertilit�tsrate ist f�r Demografen eine wichtige Variable, um die
Entwicklung einer Bev�lkerung vorherzusagen. In Deutschland zeigt sich, dass die
durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau regional unterschiedlich ausf�llt: Im
Norden werden teilweise bis zu doppelt so viele Kinder geboren wie im S�den. Den
Gr�nden sind Soziologen am Max-Planck-Institut f�r Gesellschaftsforschung in
K�ln auf der Spur.
"Oh, oh, einen Moment, einen Moment, ja, ich kann
ihm jetzt noch mal die andere Brust geben, dann bleibt er
ruhig."
Anna Albers, Tourismusmanagerin aus
Barcelona.
"Das Kind ist jetzt 18 Tage und
meine Tochter ist jetzt zweieinhalb, im Juli wird sie drei."
Sie
ist eine gl�ckliche Mutter - jede andere Beschreibung w�re falsch. Gl�cklich ist
auch ihr Mann Sebastian La�au, der in den n�chsten Wochen seine erste Stelle als
Lehrer antritt - ein Mensch mit eindeutiger Affinit�t zu Kindern,
"Ja, ich habe selber vier Geschwister, komme aus einer
gro�en Familie und habe es immer als sehr sch�n empfunden, in einer gro�en
Familie zu leben."
Vergleichbares kennt seine Frau aus ihrer
Kindheit.
"Ich bin in einer Familie
aufgewachsen mit drei Kindern, das hat mir sehr gut gefallen, das wollte ich
auch machen."
Zwei Kinder hat das K�lner Paar, womit es die
durchschnittliche Fertilit�tsrate der Domstadt weit �bertrifft. Statistisch 1,3
Kinder bekommt jede Frau in der Rheinmetropole, das entspricht etwa dem
bundesdeutschen Durchschnitt - wobei die Betonung auf Durchschnitt liegt,
regional schwanken die Fertilit�tsraten erheblich.
"Besonders
niedrig ist eine Region, wenn sie von 1 bis 1,09 Kindern pro Frau
verzeichnet."
Barbara Fulda, Soziologin am Max Planck Institut f�r
Gesellschaftsforschung, K�ln.
"Diese Regionen
findet man beispielsweise im S�den Deutschlands h�ufig, allerdings ist 1 bis
1,09 sehr niedrig, 1,1 bis 1,3 sind wahrscheinlich dann normal niedrige
Fertilit�tsraten; und eine sehr hohe Fertilit�tsrate von 1,7 bis 1,79, die gibt
es besonders im Nordwesten, beispielsweise wird Cloppenburg immer genannt, ich
habe auch auffallend hohe Fertilit�tsraten f�r die Grafschaft Bentheim und
Borken gefunden; im Osten ist Dresden die Stadt, in der auff�llig hohe
Fertilit�tsraten gerade in den letzten Jahren zu beobachten
sind."
Der Norden und Osten Deutschlands haben hohe
Fertilit�tsraten, der S�den niedrige - in M�nchen werden bundesweit die
wenigsten Kinder geboren, im nieders�chsischen Cloppenburg die meisten. Drei
Faktoren bestimmen die Fertilit�tsrate. Da sind einmal "Strukturelle
Kontextmerkmale".
"Damit sind beispielsweise
regional verf�gbare Kinderbetreuungspl�tze, aber auch die Arbeitsmarktsituation
vor Ort gemeint, andererseits werden in der Forschung soziostrukturelle Merkmale
der Bev�lkerung in einer Region ber�cksichtigt, das sind zum Beispiel der
durchschnittliche Bildungsgrad in einer Region oder das durchschnittliche
Einkommen."
Und drittens gibt es "Soziale Kontexteinfl�sse".
Netzwerke wie Familien und Freunde, das Wohnumfeld, aber auch religi�s oder
kulturell tradierte Werte, beeinflussen die Fruchtbarkeitsrate - genauer: Sie
beeinflussen die Entscheidung eines Paares, wie viele Kinder es wann bekommen
m�chte.
"Das hei�t, dass Menschen erst ab
einer abgeschlossenen Berufsausbildung und einem festen Beruf, �berhaupt erst
ins Auge fassen, Kinder zu bekommen. Dieses Muster ist im Osten eher
aufgeweicht, dass man gar nicht annimmt, man muss heiraten, bevor man ein Kind
bekommt, sondern man kann das auch ruhig in einer Lebenspartnerschaft tun.
Deswegen ist es dort auch leichter, als alleinerziehende Frau von anderen nicht
schr�g angesehen zu werden, als es im S�den Deutschlands der Fall ist, wo man
erwartet, dass Menschen verheiratet sind und in einer geordneten Partnerschaft
leben, wenn sie ein Kind haben."
Nun scheitern geordneten
Partnerschaften in geordneten Verh�ltnissen aber zunehmend an �konomischen
Problemen: Ausbildungszeiten ziehen sich in die L�nge; das erste nennenswerte
Gehalt wird fr�hestens mit Mitte 30 �berwiesen; wer Karriere machen will, muss
auch mal ins Ausland gehen. Keine gute Basis f�rs Kinderkriegen, sagen sich
viele Paar vor allem im S�den Deutschlands - und verzichten auf
Nachwuchs.
Neben �konomischen Faktoren haben auch soziale Netzwerke
Einfluss auf die Entscheidung f�r oder gegen Kinder. Da sind einmal Freunde und
Bekannte. Aus der Anzahl ihrer Kinder leiten viele angemessene Kinderzahlen ab,
unabh�ngig von ihren eigenen Bed�rfnissen.
"Wie viele Kinder hat man denn so �blicherweise, dann
nat�rlich auch die soziale Interaktion mit Freunden, wenn alle Freunde keine
Kinder haben, wenige Kinder haben, orientiert man sich daran vielleicht auch in
den Vorstellungen zum normalen Leben."
Nicht zu untersch�tzen -
sagt Barbara Fulda vom Max Planck Institut f�r Gesellschaftsforschung - ist der
Einfluss der eigenen Eltern,
"Die nat�rlich
auch fragen, warum hast Du noch kein Kind, willst Du nicht langsam mal oder so,
und diese althergebrachten Vorstellungen k�nnen auch zwischen Regionen
unterschiedlich sein."
Den st�rksten Einfluss auf die
Fertilit�tsrate haben aber die individuellen Vorstellungen �ber den Ablauf eines
gelungenen Lebens,
"Wenn also die Norm ist,
man ist verheiratet und erst dann bekommt man ein Kind, aber eben dieser Schritt
der Heirat ist nicht m�glich, man findet nicht den richtigen Partner oder der
Partner will nicht mehr heiraten, dann kann man ja dieses notwendigen Schritt
vor dem Kinde bekommen, gar nicht erst durchf�hren, weswegen auch der
Kinderwunsch nicht erf�llt werden kann."
Ein Ph�nomen, das sich
aktuell in Italien beobachten l�sst. Viele junge M�nner leben aus Kostengr�nden
noch bei ihren Eltern, sie k�nnen keine Familien gr�nden, weshalb die
Fertilit�tsrate in Italien zu den niedrigsten Europas z�hlt.
Und weil
Frauen immer sp�ter ihr erstes Kind bekommen, greift noch der Effekt des
"Nichtstuns",
"Was dann letztendlich dazu
f�hrt, dass kein Kind geboren wird. Es ist also keine bewusste Entscheidung in
dem Sinne, von Anfang an zusagen, nein, ich will kein Kind, sondern es ist
einfach eine Entscheidung, die sich irgendwann einfach er�brigt."
F�r Anna Albers und Sebastian La�au trifft all das nicht zu. Sie haben
schon zwei Kinder, nur beim m�glichen Dritten driften die Meinungen
auseinander.
"Ich w�rde gerne noch ein Kind
bekommen, ein Drittes, ja!"
"Ich
nicht, mit zweien habe ich genug, ich bin jetzt 35, wenn ich fr�her angefangen
h�tte, vielleicht k�nnte ich mir vorstellen, noch ein drittes Kind zu bekommen,
aber jetzt nicht, ich glaube zwei reichen mir."