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Lili - Heft 153

Zeitschrift für

Literaturwissenschaft und Linguistik

Gefördert aus Mitteln der Universität Siegen


 

Thema: Worauf kann sich der Sprachunterricht stützen?


 

Herausgeber dieses Heftes:

Wolfgang Klein und Christine Dimroth

 




Inhalt


Christine Dimroth und Wolfgang Klein

Einleitung

Introduction


Raphael Berthele

Überlegungen zur quasi totalen aber vollkommen normalen Nutzlosigkeit sprachwissenschaftlicher Forschung für die Unterrichtspraxis

Considerations on the practically total but completely normal uselessness of linguistic research for the teaching practice


Bernt Ahrenholz

Vom Nutzen der Zweitspracherwerbsforschung für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern

On the use of second language acquisition research for the training of teachers


Erika Kaltenbacher

Vom Nutzen der Spracherwerbsforschung für die Sprachvermittlung

On the use of language acquisition research for language tuition


Christine Dimroth

Lernervarietäten im Sprachunterricht

Learner varieties in language teaching


Stefanie Haberzettl

Förderziel: Komplexe Grammatik

Improving complex grammar


Brigitte Handwerker

Sprachunterricht als Instruktion zur Inputverarbeitung

Language teaching as an instruction to input processing


Giulio Pagonis

Der Altersfaktor in Theorie und Praxis

The age factor in theory and practice


Susanne Raab und Michael Rödel

Zum Verhältnis von universitärer Sprachwissenschaft und „Sprache“ im Deutschunterricht der Schule

On the relation between scholarly linguistics and “language” in German classes at school level


Ursula Bredel

Orthographie als System – Orthographieerwerb als Systemerwerb

Ortography as a system – orthography acquisition as system acquisition




Labor


Iris Hermann

Eingeschränkte Sichtbarkeit und Medialität in Cees Nootebooms Roman Allerseelen

Structures of invisibility in Cees Nootebooms novel Allerseelen (All Souls)


Roman Halfmann

De-Exotisierung’ als Versuch der Neuschöpfung: Gogols und Lu Xuns Tagebücher eines Verrückten in der chinesischen Rezeption

‚De-Exotization’ as approach to re-creation: The Chinese critical reception of Gogol’s and Lu Xun’s Diaries of a Madman


 

 

Christine Dimroth und Wolfgang Klein

Einleitung

Ich halte dafür, dass das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht,

die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern.

Galilei, in Brechts “Galilei”


So sehen das die Wissenschaftler freilich nur in der Literatur. Wer sein Wirken in den Dienst der Forschung stellt, der wird gewöhnlich zum einen von dem hehren Wunsch nach Erkenntnis getrieben, zum anderen von dem eher weltlichen Wunsch nach Ruhm und Geld. Der Wunsch, dem Menschen in seiner Beladenheit zu helfen, spielt in ihrem Treiben zumeist eine untergeordnete Rolle; bestenfalls gibt es Forscher, die - wie Conrad Röntgen - zum Wohl der Allgemeinheit auf jeden kommerziellen Gewinn aus ihren Entdeckungen verzichten. In den Geisteswissenschaften stellt sich die Frage ohnehin nur selten. Der Nutzen, den unsere Tätigkeit in günstigen Fällen stiftet, ist eher ideeller Natur; es ist die Erkenntnis selbst, die, jedenfalls manchmal, die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zwar nicht verringert, sie aber leichter zu ertragen macht, und das ist etwas, das man nicht gering schätzen soll. Immerhin, einige Ausnahmen mag es schon geben. Zu den größten Mühseligkeiten des Schülerdaseins zählt es zweifellos, im Unterricht fremde Sprachen erlernen zu müssen; es ist uns allen in deutlicher Erinnerung, verklärt nur durch den Vergil’schen Trost ‚forsan et haec olim meminisse iuvabit’. Anders als der Erwerb der Muttersprache in der frühen Kindheit fliegt die Aneignung einer Sprache in der Schule nicht gleichsam zu; es ist eine elende Plackerei; und auch für die Muttersprache ist es nicht anders, soweit sie denn Gegenstand des Unterrichts ist - etwa wenn es darum geht, das Schreiben, Lesen oder das Verfassen wohlstrukturierter Aufsätze zu lernen.

Dabei sind wir alle mit der Fähigkeit geboren, jede beliebige Sprache zu lernen; ein Kind, das in Turku aufwächst, lernt normalerweise von sich aus Finnisch, und ein Kind, das in Rouen aufwächst, lernt normalerweise von sich aus Französisch, und wenn es so sein sollte, dass in der sozialen Umgebung des Kindes mehrere Sprachen zu sprechen üblich ist, dann lernt das Kind ebendiese Sprachen. In aller Regel geschieht dies – der ein- oder mehrsprachige Spracherwerb – ohne systematische Eingriffe von außen. Im Kindesalter führt dieser natürliche Vorgang zu ‚perfekter’ Beherrschung der Sprache – perfekt nicht in dem Sinne, dass ein jeder schreibt wie Goethe oder Proust, sondern perfekt in dem Sinne, dass er sich sprachlich nicht von seiner sozialen Umgebung abhebt: perfekt heißt unauffällig. Mit zunehmendem Alter wird dies immer schwieriger, und als Erwachsener schafft man es selten, wenn denn überhaupt, sich eine weitere Sprache in diesem Sinne ‚perfekt’ anzueignen. Wir wissen nicht, wie unsere Vorfahren vor zehntausend, zwanzigtausend, vielleicht hunderttausend Jahren Sprachen gelernt haben; aber es wird nicht viel anders gewesen sein. Eine Sprache zu lernen, ist ein natürlicher Vorgang, der sich seit vielen tausend Jahren milliardenfach abspielt und der keiner Steuerung von außen bedarf. Aber man kann ihn natürlich zu steuern versuchen. Eine Sprache zu unterrichten, ist ein solcher Versuch – ein Versuch, den Spracherwerb in Gang zu bringen, wo er von sich aus nicht einsetzen würde, wie beim Lateinunterricht in den Schulen, oder ihn zu optimieren, wo er vielleicht von sich aus in Gang käme, die Lernbedingungen aber ungünstig sind. Die übliche, naturgegebene Motivation, eine Sprache zu lernen – nämlich der Wunsch, Teil einer Gesellschaft zu werden – und der übliche Zugang zu der zu lernenden Sprache, nämlich in einer Umwelt zu leben, die diese Sprache spricht, werden ersetzt; sie werden ersetzt durch Noten, durch die Perspektive von besseren Lebenschancen und andere den Antrieb fördernde Maßnahmen einerseits, durch besondere Lernmaterialien und Lernmethoden anderseits. Wie kann man beides optimal gestalten?

Zum einen aufgrund der kollektiven Erfahrung mit dem bisherigen Fremdsprachenunterricht. Wir wissen nicht, seit wann man Sprachen systematisch unterrichtet, sehr lange wird es, gemessen an der Entstehung der menschlichen Sprachlernfähigkeit, nicht her sein; es sind nicht zehntausende, vielleicht hunderttausende von Jahren, sondern eher Jahrhunderte. Aber wir haben im Laufe dieser Jahrhunderte schon einen gewissen Schatz an Wissen darüber akkumuliert, was hilft und was nicht hilft. Dieses Praxiswissen hat seine Unzulänglichkeiten, es beruht bisweilen auf unhinterfragt beibehaltenen Traditionen, es ist oft wenig systematisiert, und es wird zumeist nur anekdotisch und punktuell weitergegeben; aber es ist überaus reich, und es ist letztlich die Basis für jedes Curriculum.

Zum anderen aufgrund dessen, was wir durch wissenschaftliche Untersuchungen über den menschlichen Spracherwerb wissen:

- Wie funktioniert er von Natur aus?

- Gibt es inhärente Gesetzlichkeiten in seinem Ablauf, die wir in Rechnung stellen müssen?

- Schwankt er mit dem Lebensalter?

- Welche individuellen Unterschiede zwischen den Lernern gibt es?

- Wie sieht eigentlich das angestrebte Ziel aus: Ist es durch die Einhaltung bestimmter Normen und Regeln gekennzeichnet oder durch die Fähigkeit, sich effizient zu verständigen?

Damit sind nur einige der wesentlichen Fragen genannt. Die Erforschung des natürlichen Spracherwerbs unter all seinen variierenden Bedingungen ist keine alte Wissenschaft. Von einzelnen und umso lobenswerteren Vorgängern abgesehen, ist sie beim Erstspracherwerb ein Jahrhundert, beim Zweitspracherwerb vielleicht ein halbes Jahrhundert alt. Wo können ihre bisherigen Ergebnisse, und die gibt es durchaus, für den Sprachunterricht genutzt werden? Gibt es gar so etwas wie eine wissenschaftliche Grundlage für den Sprachunterricht, insbesondere den Fremdsprachunterricht?

Diese Fragen haben wir einer Reihe von Experten vorgelegt. Die Vorgabe war dabei ausdrücklich, nicht feinsinnig und sorgfältig zu differenzieren, sondern die eigene, aus Wissenschaft oder praktischer Erfahrung geborene Meinung deutlich zu bekunden. Die Antworten sind dementsprechend auch sehr unterschiedlich ausgefallen. Das so entstandene Bild hat durchaus etwas Subjektives – ist aber vielleicht gerade deshalb aufschlussreich. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Gebiet Deutsch als Fremdsprache; lediglich die beiden letzten Aufsätze befassen sich unmittelbar mit dem muttersprachlichen Unterricht; allerdings gelten viele der Überlegungen beiden Formen des Erwerbs sprachlicher Fähigkeiten in der Schule.

Raphael Berthele gibt Argumente dafür, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen Sprach(erwerbs)forschung und Unterrichtspraxis kaum funktionieren kann. Sein Beitrag zeigt, dass viele Forschungsergebnisse an den Bedürfnissen der Praxis vorbeigehen, weil die Schnittmenge an gemeinsamen Interessen zu klein ist und weil die Forschung meist zu lange braucht, um nutzbare Antworten auf die Fragen zu geben, die der Praxis unter den Nägeln brennen. Hinzu kommt, dass die Forschung in einem wertungsfreien Raum operiert, in dem alle Manifestationen von Lernersprachen a priori gleich wertvoll sind, während das Erziehungssystem nicht einfach auf sprachliche Vielfalt pochen kann, ohne in Kauf zu nehmen, dass diese oft unausweichlich in soziale Ungleichheit mündet.

Die Beiträge von Giulio Pagonis und Christine Dimroth hinterfragen die vereinfachende Übernahme bestimmter Forschungsergebnisse in die didaktische Diskussion. Pagonis kritisiert den Einfluss bestimmter Theorien, die in der öffentlichen Diskussion so fest eingegraben sind, dass relativierende Forschungsergebnisse kaum zur Kenntnis genommen werden. Als Beispiel führt er die Hypothese von der Kritischen Periode zur Erklärung von Altersunterschieden beim Zweitspracherwerb an. Diese Hypothese nimmt an, dass aufgrund von biologischer Reifung nur Kinder eine Zweitsprache perfekt erwerben können. Sie ist als Erklärungsmodell weit verbreitet und wird auch als Entscheidungshilfe herangezogen, wenn es etwa um die Bestimmung des günstigsten Alters für den Beginn des Sprachunterrichts geht (‚je früher, desto besser!’). Am Beispiel einer Fallstudie vergleicht Pagonis die Plausibilität der Hypothese von der Kritischen Periode mit alternativen Erklärungsmodellen, die in erster Linie auf den altersspezifischen Antrieb der Lerner abheben, und warnt vor einer schwarz-weißen Sicht, die die vielschichtigen Einflussfaktoren, die die Forschung gefunden hat, übersieht. Dimroth zeigt auf, dass auf der einen Seite Modelle zu Spracherwerbsstufen bereitwillig aufgegriffen werden, obwohl das im Einzelfall problematisch sein kann, während auf der anderen Seite sehr konkrete Einsichten in die Dynamik des Spracherwerbs unberücksichtigt bleiben, obwohl sie sich - zumindest versuchsweise - praktisch umsetzen ließen. Am Beispiel der Finitheit wird gezeigt, wie man da, wo relativer Konsens über besonders günstige Lernwege ungesteuerter Lerner herrscht, mit und nicht gegen die natürliche Erwerbsdynamik arbeiten kann.

Die Beiträge von Bernt Ahrenholz, Erika Kaltenbacher, Stefanie Haberzettl und Brigitte Handwerker gehen detailliert auf die Frage ein, welche Ergebnisse der Zweitspracherwerbsforschung von direktem Nutzen für den Sprachunterricht sein könnten. Ahrenholz zeigt am Beispiel des Erwerbs von Wortstellung und Nominalflexion bei Kindern und Jugendlichen, dass vertiefte Einsichten in Struktur und Verlauf des Spracherwerbsprozesses Lehrern wertvolle didaktische Entscheidungshilfen bieten können, und zwar besonders, wenn es darum geht, ihre Herangehensweise auf Lerner verschiedenen Alters zuzuschneiden. Es wird deutlich, dass der Erwerb der Wortstellung bei den jüngeren Lernern schneller und erfolgreicher verläuft als bei erwachsenen Lernern. Bei Genus und Kasus hingegen ist der Erwerbsverlauf auch bei Kindern zwar weitestgehend systematisch, erstreckt sich aber über eine lange Zeit.

Kaltenbacher ist ebenfalls optimistisch, dass es im Prinzip sinnvolle Berührungspunkte zwischen Spracherwerbsforschung und Unterrichtspraxis gibt, obwohl dem oft die Skepsis der Praktiker und der Zurückhaltung der Sprachwissenschaftler im Wege stehen. Letztere sind oft wenig geneigt, sich mit didaktischen Anwendungen ihrer Befunde zu befassen und die für einen solchen Wissenstransfer notwendige Basis zu schaffen. Konkrete Vorschläge für die Förderung der Sprachentwicklung im Bereich Genus und Kasus werden im Kontext des Sprachförderprogramms ‚Deutsch für den Schulstart’ für Vorschulkinder diskutiert und evaluiert.

Haberzettl kritisiert, dass sich die meisten Maßnahmen, die die Sprachkompetenz von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund verbessern sollen, auf den Bereich der Kerngrammatik konzentrieren, während der Förderbedarf mehrsprachiger Schüler zumindest in den Sekundarschulen oft eher im Bereich komplexer grammatischer Mittel liegt, die der Herstellung von Textkohärenz und Textkohäsion dienen. Als Folge gelingt es den Schülern nicht, komplexe Gedankengänge stilistisch adäquat zu versprachlichen, wie anhand von Daten aus einem Sprachstandserhebungsverfahren für Schüler mit der Zweitsprache Deutsch nachgewiesen wird.

Handwerker fragt sich nicht, auf welche Eigenschaften des Deutschen der Unterricht wann fokussieren sollte, sondern wie man dabei am besten vorgeht. Die Forschungsergebnisse, die sie für eine Übertragung in die Praxis vorschlägt, stammen aus dem Bereich der Sprachverarbeitung. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie der sprachliche Input im Unterricht beschaffen sein muss, damit eine optimale Verarbeitung gewährleistet wird. Eine besondere Rolle spielen dabei Anzahl und Auffälligkeit von Zielstrukturen im Input. Mit den ‚Multimedia-Chunks für Deutsch als Fremdsprache’ wird an einem Beispiel gezeigt, wie Lerner die für den Einstieg so wichtigen chunks memorieren, und gleichzeitig Werkzeuge für deren Aufbrechen an die Hand bekommen können.

In den letzten beiden Beiträgen geht es um die mögliche Rolle sprachwissenschaftlicher Erkenntnisse im Deutschunterricht für Deutsche. Susanne Raab und Michael Rödel nennen zum einen die Vermittlung deklarativen Wissens über grundlegende Eigenschaften des Deutschen, zum anderen aber auch Möglichkeiten des Transfers, etwa zur Verbesserung der Ausdrucksmöglichkeiten oder der Argumentationsfähigkeit der Schüler. Nicht zuletzt mahnen sie eine längere Fortführung des Deutsche-Sprache-Unterrichts in den höheren Klassen weiterführender Schulen an.

Ursula Bredel zeigt, wie der derzeit oft wenig erfolgreiche Schreib- und Leseunterricht in den ersten Grundschuljahren von der neueren Orthografieforschung profitieren kann. Der Beitrag macht deutlich, dass der Kernbereich der Rechtschreibung mit einer kleinen Anzahl an musterbildenden Parametern abgedeckt werden kann, die es den Kindern erlaubt, die Systematik der Schrift durch didaktische Hilfestellung weitgehend selbst zu entdecken.

In einem vor kurzem erschienenen Aufsatz schreibt Wilhelm Grießhaber: „Aus didaktischer Sicht sind den Forschungen zum Zweitspracherwerb nur wenige Erkenntnisse für die schulische Förderpraxis zu entnehmen. Auf der anderen Seite sind die L2-Erwerbsforscher ihrerseits zurückhaltend mit didaktischen Schlussfolgerungen.“ Derart leicht resignierte Beschreibungen des Ist-Zustandes finden sich in einer Vielzahl von Veröffentlichungen zum Thema Deutsch als Zweitsprache. Einen Beitrag, der das derzeit beobachtbare Ineinandergreifen von sprachwissenschaftlicher Forschung, insbesondere zu Themen des Spracherwerbs, und der Unterrichtspraxis in den entsprechenden Gebieten als zufriedenstellend beurteilte, wird man auch in diesem Heft nicht finden. Im Grunde sind sich alle Autoren darüber einig, dass es zu wenig Berührungspunkte zwischen Spracherwerbsforschung und Sprachunterricht gibt. Die Chancen zu vertiefter Zusammenarbeit werden unterschiedlich optimistisch eingeschätzt. Aber sie sind da, und es wäre eigentlich merkwürdig, wenn es nicht gelänge, diese Möglichkeiten zu nutzen. Wenn es uns nicht einmal in diesem Bereich gelingt, Erkenntnisse geisteswissenschaftlicher Forschung für die Praxis nutzbar zu machen, wo soll es denn dann gelingen?

 

 

 

Summaries Lili - 153

 

Raphael Berthele


Considerations on the practically total but completely normal uselessness of linguistic research for the teaching practice

The genuinely unstable and hypothetical nature of scientific knowledge is a problematic basis for language teaching. Whereas scientific progress is based on a slow and painstaking process of elimination of wrong ideas about how language learning and acquisition works, i.e. on a focus on theoretical and empirical problems, language teaching needs quick and practical answers to sometimes rapidly changing social and institutional realities. This article argues that science and practice are in a partnership relation rather than in a relation of fundament (science) and superstructure (practice). There is a modest amount of shared interest in phenomena such as the age factor, stages of acquisition and interdependency of languages, and there is a certain amount of shared and potentially useful presuppositions regarding the language faculty, but there is above all a fundamental difference between the scientific study of language acquisition and the educational domain: Science has the privilege and the duty to construe its research target domain in a sociologically neutral way, i.e. all languages and (learner) varieties are a priori equal, whereas language teaching is inevitably part of the educational system which in turn is a major actor in the sociological process of transformation of social and linguistic diversity into social inequality.

 

Bernt Ahrenholz

On the use of second language acquisition research for the training of teachers

This article proposes that the findings of research on second language acquisition can give teachers valuable insights into the structure and process of language acquisition, thus informing their didactic decisions. The article outlines recent findings on the acquisition of word order and the production of noun phrases and reviews some of the general factors that characterize second language acquisition in children and adolescents. Empirical findings show that some key syntactic patterns are acquired more quickly and successfully in early second language acquisition than in adulthood, whereas gender and case marking in the target language are characterized by more protracted, though generally also systematic, processes of acquisition.

 


Erika Kaltenbacher

On the use of language acquisition research for language tuition

In Germany, the fields of linguistics and language pedagogy have on the whole been marked by a low level of converging interests. This can be attributed to a sceptical view of the practical benefits of linguistics and research on language acquisition on the part of the pedagogical staff, as well as the relatively low number of linguists who become actively engaged in pedagogical applications and acquire the expertise which allows them to explore relevant areas of knowledge transfer. Accordingly, pertinent insights are not taken into consideration in language teaching to a satisfactory extent.

The article discusses some open questions and suggests solutions in the context of an intervention program for bilingual preschoolers.

 


Christine Dimroth

Learner varieties in language teaching

The paper addresses the question of whether and how knowledge about processes of untutored second language acquisition could be exploited for language teaching. The first part deals with the difficulties of assigning learners to the stages proposed in different types of stage models for language development. Such stage models mainly list communicative potentials or structural properties of learner varieties in their presumed order of acquisition but do not necessarily help to understand the driving forces and stumble blocks in language learning under different circumstances.

The second part of the paper presents findings from the acquisition of finiteness in L2 German. In this well studied domain quite some insights have been gained into the logic of the acquisition process and its variation attested in learners at different ages and with different language backgrounds. An attempt is made to show how classroom learners could be systematically guided onto the most advantageous of the developmental routes attested in untutored acquisition.

 


Stefanie Haberzettl

Improving complex grammar

Exercises used to improve the language proficiency of immigrant children and adolescents learning German as L2 concentrate for the most part on phenomena pertaining to core grammar. However, data from the language assessment test ‘Schuldeutsch’show that high school students with L2 German actually make few if any (morpho-)syntactic errors on the level of the single clause or sentence. On the other hand, what those students apparently fail to manage is turn complex reasoning into stylistically adequate texts. One reason for this type of deficit is an insufficient command of complex grammatical means that serve to realize text coherence and text cohesion. To achieve higher levels of language proficiency command of those means proves to be mandatory and should be the focus of L2 training.

 


Brigitte Handwerker

On the use of language acquisitionresearch for language tuition

The aim of language teaching cannot be to exert a direct influence on the learning mechanisms, for these are beyond our control. But we can improve our teaching procedures to favour an optimal input processing by the learner. We first discuss the processes preceding language acquisition and their treatment as suggested by Processing Instruction. Among other things, pre-structured input must be provided and inefficient default strategies have to be identified and replaced by suitable strategies for input processing. We then introduce the ‘Multimedia-Chunks für Deutsch als Fremdsprache’ (‘Multimedia-Chunks for German as a Foreign Language’) as an example of a form of structured input that supplies the learner with chunking possibilities in the form of prefabricated sequences and also with various tools for an eventual analysis of memorised chunks. We finally allude to construction grammar as a processing tool compatible with the chunking approach and introduce a concept for the parallel advancement of holistic and rule-governed processing of target structures.

 


Giulio Pagonis

The age factor in theory and practice

Controversial issues in language acquisition research are frequently adopted by language pedagogy in a simplified form. E.g., irrespectively of the existence of counterevidence, the critical period hypothesis is still widely considered to reliably explain the age factor in language acquisition. Departing from a case study of two Russian learners (AoA 8 and 14 yrs) acquiring L2-German, the plausibility of this hypothesis is weighed up against an explanatory model based on the learners’ age-related propensity to acquire a language. It is concluded that current age-factor research does not allow to issue reliable guidelines for language training and that therefore research with a more practical focus is required.

 


Susanne Raab und Michael Rödel

On the relation between scholarly linguistics and “language” in German classes at school level

This article deals with the relevance of linguistic research for German instruction in primary and secondary schools. Although basic properties of the structure of German are part of language instruction in all types of school, further research is necessary to demonstrate the usefulness of linguistics in improving the ability of school children to express themselves and in promoting their competence in argumentation. The article proposes methods for making greater use of the results of research in German language instruction to native speakers, in particular to more advanced pupils.

 


Ursula Bredel

Ortography as a system – orthography acquisition as system acquisition

Traditional orthography teaching in German primary schools initially often operates under the misleading assumption of a one-to-one relation between letters and phonemes. The later discovery that letters can also have other functions requires a reorganization of the learner system that not all pupils handle successfully. The paper proposes a theoretically motivated alternative route towards the acquisition of reading and writing. It illustrates the didactical support needed in order to introduce some core notions like syllable, stem, and word that can help children to understand the logic underlying orthography instead of mainly relying on memorization as a learning device.

 


Labor


Iris Hermann

Structures of invisibility in Cees Nooteboom’s novel Allerseelen (All Souls)

Structures of invisibility are one of the main characteristics of Cees Nooteboom’s novel Allerseelen. It is shown that those imaginations and structures of invisibility which appear in different medial representations are expressions of a grief which does not follow the well known Freudian concept.

 


Roman Halfmann

De-Exotization’ as approach to re-creation: The Chinese critical reception of Gogol’s and Lu Xun’s Diaries of a Madman

 

Lu Xun’s Diary of a Madman is deemed to be the first modern story in China. Lu Xun occupies therefore a unique position in modern Chinese literature – both as a writer of the May Fourth generation, which used colloquial Chinese against the Confucian historiography writing, and because of his anticipation of Western literature: so he borrowed from Gogol not only the title but also the subject of madness to criticize the Confucian philosophy and feudalistic society. This contradictory position of the short story – as birth of a new literature and at the same time highly affected by Western theory and prose – assigns the problem of the Chinese culture: China destroyed in 1911 with the Qing-Dynasty the traditional heritage and since that time attempts to create a new culture – also by alluding to Western literature. The modern Chinese literature has to deal with this contradiction, which focuses on the question: whether Lu Xun imitates Western culture or produces an inventive national treasure.

With this intention China started the ‚de-exotization’ of Lu Xun’s story by misinterpreting Gogol’s Diary of a Madman as romantic and therefore decadent. This article discusses by comparison of both stories the attempt to recreate Lu Xun’s work as inventive Chinese literature and arrives at the conclusion that the so-called ‚de-exotization’ failed.

 


 

 


Ankündigung


Impressum

Adressen der Herausgeber

Prof. Dr. Rita Franceschini, Libera Università di Bolzano/Freie Universität, Bozen, Piazza Sernesi, 1/Sernesiplatz 1, I-39100 Bolzano/Bozen, E-Mail: r.franceschini@unibz.it

Prof. Dr. Wolfgang Haubrichs, Universität des Saarlandes, Fachrichtung 4.1. – Germanistik, Postfach 15150, D-66041 Saarbrücken, E-mail: w.haubrichs@mx.uni-saarland.de

Prof. Dr. Wolfgang Klein, Max-Planck-Institut für Psycholinguistik, Postbus 310, NL-6500 AH Nijmegen, E-mail: wolfgang.klein@mpi.nl

Prof. Dr. Ralf Schnell, Universität Siegen, Fachbereich Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaft, Postfach 10 12 40, D-57068 Siegen, E-mail: schnell@germanistik.uni-siegen.de


Adressen der Autorinnen und Autoren

Prof.Dr. Bernt Ahrenholz, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Institut für Sprachen, Reuteallee 46, D-71634 Ludwigsburg, E-mail: ahrenholz@ph-ludwigsburg.de

Prof.Dr. Raphael Berthele, Universität Freiburg, Departement für Mehrsprachigkeits- und Fremdsprachenforschung, Rue du Criblet 13, CH-1700 Fribourg, E-mail: raphael.berthele@unifr.ch

Prof.Dr. Ursula Bredel, Universität zu Köln, Institut für deutsche Sprache und Literatur I, Albertus-Magnus-Platz, D-50923 Köln, E-mail: Ursula.Bredel@uni-koeln.de

Dr. 1Christine Dimroth, Max-Planck-Institut für Psycholinguistik, Wundtlaan 1, NL-6525 XD Nijmegen, E-mail: christine.dimroth@mpi.nl

Prof.Dr. Stefanie Haberzettl, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Institut für Germanistik, Ammerländer Heerstraße 114-118, D-26129 Oldenburg, E-mail: stefanie.haberzettl@uni-oldenburg.de

Dr. Roman Halfmann, Xiangtan University, Foreign Language Institute, German Department, 411105 Xiangtan, Hunan, P.R. China, E-mail: halfmannroman@web.de

Prof.Dr. Brigitte Handwerker, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für deutsche Sprache und Linguistik, Unter den Linden 6, D-10099 Berlin, E-mail: brigitte.handwerker@cms.hu-berlin.de

Dr. Iris Hermann, Fachbereich Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaft, Postfach 10 12 40, D-57068 Siegen, E-mail: hermann@germanistik.uni-siegen.de

Dr. Erika Kaltenbacher, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Seminar für Deutsch als Fremdsprachenphilologie, Plöck 55, D-69117 Heidelberg, E-mail: kaltenbacher@mail.idf.uni-heidelberg.de

Dr. Giulio Pagonis, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Seminar für Deutsch als Fremdsprachenphilologie, Plöck 55, D-69117 Heidelberg, E-mail: pagonis@idf.uni-heidelberg.de

Susanne Raab, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften, Kapuzinerstraße 16, D-96045 Bamberg, E-mail: susanne.raab@uni-bamberg.de

Dr. Michael Rödel, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften, Kapuzinerstraße 16 , D-96045 Bamberg, E-mail: michl_roe@web.de